Besucher, die das kleine Fachwerkhaus neben dem Rathaus der ehemaligen freien Reichsstadt Weil der Stadt betreten, fühlen sich spontan in die Atmosphäre jener Zeit versetzt, in der Johannes Kepler hier am 27. Dezember 1571 geboren wurde.
Nach einer wechselvollen Geschichte über mehr als 400 Jahre wurde das Gebäude 1938 vom Verein Keplerhaus, unserer Vorgänger-gesellschaft, erworben und unter Leitung von Max Caspar zum Museum umgebaut. 1940 wurde es als „Kepler-Museum“ eröffnet.
Nach einer grundlegenden Renovierung und Neugestaltung im Jahr 1999 widmet sich die Ausstellung dem Vermächtnis von Johannes Kepler als einem Mitbegründer des neuzeitlichen Denkens und der Naturwissen-schaften.
Das Kepler-Museum ist nicht nur ein lohnendes Zie für Kepler-Verehrer aus nah und fern, sondern vor allem auch ein beliebter Anziehungspunkt für ein interessiertes Fachpublikum aus der ganzen Welt.
Übersichtliche Schautafeln auf Deutsch und Englisch illustrieren kurz und prägnant Keplers Werdegang im Zeitalter von Reformation und Gegenreformation mit den erbittert geführten Auseinandersetzungen um den rechten Glauben, die Hexenverfolgung, der u. a. auch seine Mutter Katharina ausgesetzt war, und nicht zuletzt die verheerenden Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges – Faktoren, die seinen Lebensweg entscheidend geprägt haben bis zu seinem Tod in Regensburg im Jahr 1630.
Umso strahlender erscheint Keplers vielfältige Geisteswelt. Der Besucher sieht sich mit naturwissenschaftlichen, philosophischen und religiösen Fragen konfrontiert, die bis heute nichts von ihrer Aktualität verloren haben.
Auf einem Rundgang durch das Museum wird Keplers Lebensweg umfassend skizziert. Die Kindheit in seinem wenig geliebten Elternhaus, seine Schul- und Studienzeit in Württemberg sowie die weiteren Lebensstationen in Graz, Prag, Linz, Ulm und Sagan finden dabei ebenso Berücksichtigung wie die Meilensteine seines umfassenden Werkes.
Originalausgaben, Faksimiledrucke, Briefe, Porträts von seinen Freunden und Lehrern und viele andere wichtige Dokumente sowie Instrumente und Geräte aus Keplers Zeit vermitteln dem Besucher ein abgerundetes Bild von der Persönlichkeit und Bedeutung dieses großen Mathematikers und Astronomen.
Ein Blick in die Rudolphinischen Tafeln (1627) mit den Berechnungen der Planetenbahnen, die bis ins 19. Jahrhundert an Genauigkeit nicht übertroffen wurden oder in sein Werk Dioptrice (1611), in dem er die Grundlagen für die Optik als Wissenschaft und die Konstruktion des nach ihm benannten astronomischen Fernrohres legt, zeigen exemplarisch und eindrucksvoll die exakte wissenschaftliche Vorgehensweise Keplers bei all seinen Arbeiten und Studien.
Zeitlebens suchte er nach einer Harmonie im Aufbau des Universums, und als tief religiöser Mensch war er davon überzeugt, dass es einen Schöpfungsplan geben müsse, der auf geometrischen Proportionen beruht. Besonders deutlich kommt das in dem Modell zu seinem 1596 erschienen Erstlingswerk Mysterium Cosmographicum (Weltgeheimnis) zum Ausdruck.
Nicht weniger einladend ist es für den Besucher, anhand einer interaktiven Computersimulation das Weltbild Tycho Brahes und die Schleifenbewegung der Planeten sowie Keplers jahrelangen „Kampf mit dem Mars“ nachzuvollziehen. 1609 veröffentlichte Kepler in seiner Astronomia Nova die ersten beiden Gesetze der Planetenbewegung, begründete zugleich eine neue Himmelsphysik und lieferte damit den entscheidenden Beitrag, der dem Kopernikanischen Weltbild zum endgültigen Durchbruch verhelfen sollte.
Seine Suche nach einem allumfassenden harmonischen Weltgesetz erreicht 1619 mit der Veröffentlichung der Harmonice Mundi (Weltharmonik) einen Höhepunkt, in der er seinen Harmoniebegriff auf die Proportionen musikalischer Wohlklänge gründet, die ihn schließlich zur Entdeckung des dritten Planetengesetzes führen.
Das Museumsteam freut sich auf Ihren Besuch und steht Ihnen für Fragen gerne zur Verfügung. Es werden Führungen angeboten, auf Wunsch auch in englischer Sprache.